Nagy brummte nur unstimmig und sah Rain nach, als sie sich entfernte um für uns etwas zu Essen zu besorgen. Dann senkte er seinen mächtigen Kopf wieder herab, schnupperte an Akira und mir, ehe er wieder Salem musterte. "Wie heißt du, du Knirps?"

Der kleine schwarze Kater streckte sofort stolz die Brust heraus, während er zu dem großen Bären aufsah. Mit anderen vertrauten Geistern hatte er keine Probleme, aber mit fremden Menschen und laute Geräusche mochte er mindestens genauso wenig wie ich. Salem., stellte er sich also frech vor, Und du? Salem beobachtete Silvester und dann mich, er gurrte zufrieden, denn es fiel ihm sofort auf, was uns beiden vielleicht entgangen war. Es war vermutlich auch der Grund, warum er so bereitwillig zu Silvester gegangen war und sich streicheln hatte lassen. Er mochte jung sein, aber auch er verstand.

"Nagy." Mehr sagte der große Bär dazu auch nicht, er stellte sich auch nicht mit seinem Titel vor, das war nicht seine Art. Rain ging und kam schließlich mit Essen wieder. Nachdem ich etwas zu mir genommen hatte beobachtete ich weiterhin Akira, bis ich von einer breiten Schnauze beinahe umgeworfen wurde und mein Vertrauter Geist mich dazu aufforderte "endlich meine freakigen Augen zu schließen". Nur zögernd kam ich dem nach, was, wenn Akira in der Zwischenzeit doch aufhörte zu atmen? Doch schließlich glitten meine Augen zu und bekamen ihre wohlverdiente Ruhepause.

Rain kehrte wieder, zum Glück erfolgreich, ich nutzte meine letzte Energie um mich halb aufzusetzen, auch wenn ich mich dabei etwas an den großen Bären lehnte, ich konnte es nicht verhindern. Dann schnappte ich mir meine Verbände. Eine Mullbinde steckte ich mir direkt in den Mund, denn das würde schmerzhaft werden. Dann begann ich meinen Arm zu richten, zuerst legte ich einen Stützverband an, ich tat es mit eiserner Determination, auch wenn mir dabei die Tränen in die Augen stiegen. Das schlimmste war vorbei, während ich mich noch um eine Armschlinge kümmerte, wo ich meinen Arm hineinlegen konnte. Danke, Rain., sagte ich und hatte dann ein klein wenig gegessen, mehr war mir gerade einfach nicht möglich. Mit großer Sicherheit war ich als erstes eingeschlafen, wenn man das denn so nennen konnte, nachdem ich alle paar Minuten vom Schmerz wieder wach wurde. Salem blieb die ganze Zeit bei mir, er setzte sich stumm in die Nähe, während er alles zusätzlich im Auge behielt.

Ich erwachte rechtzeitig um Nagy davon abzuhalten der eingeschlafenen Rain eine mit seiner Tatze zu verpassen. Meine Augen waren immer noch müde, doch meine Sicht hatte sich geklärt, sofern ich das Byakugan erst einmal nicht einsetzen musste sollte ich keine Probleme damit haben. Nachdem ich Rain vor dem Zorn des Bären bewahrt hatte, beobachtete ich eine Weile Akira, er war unruhig, doch schien immerhin zu ruhen. Ich erhob mich leise, unter gebrummten Protest, und trat nach draußen. Langsam klärte sich die Dunkelheit der Nacht, es würde bald Morgen sein. Mit etwas Glück konnten wir Akira später dann auf das Brett verfrachten und den Chuninturm erreichen, dort konnte er dann auch richtig versorgt werden. Ich atmete tief die feuchte Luft ein und ging in Gedanken noch einmal den vergangenen Tag durch, nachdem ich mich jetzt wieder auf etwas anderes als Akira konzentrieren konnte, der bisher überlebt unf damit für die Zukunft viel bessere Chancen hatte. Genjutsus und ich waren uns noch nie Grün gewesen, sie lagen mir einfach nicht. Theoretisch beherrschte ich eine Technik dagegen, doch ich war nicht gut darin und was ich gesehen hatte... Riku hatte seine Hausaufgaben gemacht, so viel war klar, jedenfalls soweit es möglich gewesen war. Was damals passiert war, war kein gehütetes Geheimnis, es interessierte sich nur für gewöhnlich keiner dafür, doch mit etwas nachfragen war die Geschichte sicherlich auszugraben. Wo ich nun zurück dachte ergaben sich auch viele Abweichungen von der Wirklichkeit, die ich eigentlich hätte bemerken müssen. Meine Mutter war nicht kampflos gestorben, auch wenn sie nicht viel Gegenwehr hatte bringen können, die Weise wie ihr Aussehen jedesmal verschleiert gewesen war, erklärte sich so auch, es existierten keine Bilder von ihr, jedenfalls nicht soweit ich davon wusste. Und dann natürlich der große Punkt, dass meine Mutter mir nie geschadet hätte, egal wie böse sie mir auch gewesen sein mochte, nie hatte sie auch nur einen Finger oder ein lautes Wort gegen mich erhoben. Alles was mich davon abgehalten hatte zu realisieren was passiert war, waren meine Erinnerungen und mein schlechtes Gewissen. Aber auch wenn ich die Wahrheit jetzt so klar sah, konnte ich den Horror nicht ganz abschütteln, das Gefühl bei lebendigem Leibe zu verbrennen, die Schmerzen, die Schuld, die schwer auf mir lastete. Ich bemerkte wie ich beganm zu zittern und rief mich wütend zur Ordnung, es war keine Zeit auf meine Gefühle zu achten, ich hatte eine Aufgabe. Neben dem Bestehen der Chunin-Auswahlprüfung, kam nun noch eine neue dazu: Akira sicher zum Turm zu bringen. Ich hatte zu tun, nachher konnte ich mich damit beschäftigen was passiert war. Ich ballte die Hände zu Fäusten und steckte diese in die Bauchtasche meines Pullovers. Langsam ging die Sonne auf, der neue Tag war angebrochen.

Lange oder ruhig hatte ich nicht geschlafen, aber es hatte sich gelohnt, denn ich war zumindest etwas wieder zu Kräften gekommen, bis mich schließlich die ersten Sonnenstrahlen aufweckten. Salem hatte sich im Laufe der Nacht dann auch wieder zu Silvester gesellt und ebenfalls, wie mit Rain zuvor, gemeinsam Wache gehalten, für ihn machte die Dunkelheit mit seinem Geruchssinn, Tastsinn und Echolot keinen Unterschied. Guten Morgen., sagte ich leise, aber es waren die ersten zwei richtigen Worte, die ich nicht nur leise und unter größten Mühen herausgekratzt hatte, seit gestern. Salem streckte sich, während er noch einmal zu mir tapste und mich dann inspizierte. Er nickte schließlich und setzte sich neben mich, wo er sich zu putzen begann. Ich fühlte mich noch immer nicht wirklich bereit auf die Beine zu springen, aber ich konnte mich wenigstens etwas aufsetzen. Ich sah zu Silvester, aber ich wusste nicht wirklich, was ich sagen sollte, ich hatte es gemusst, ansonsten wäre er noch getroffen worden und es war doch sein Traum zum Chunin zu werden. Aber jetzt war ich nicht mehr als ein Klotz am Bein, auch wenn der Chunin-Turm zum Glück nicht mehr weit entfernt war. Und Rain, sie hatte sich um alles kümmern müssen. Ich sah wieder an mir herab, zu meinem Arm, er war sicherlich angebrochen oder gebrochen, es war schwierig zu sagen. Hoffentlich war mir niemand böse.

Ich hörte Akiras Stimme sofort, auch wenn sie noch so leise war, und drehte auch gleich den Kopf zu ihm herum. Nagy schnupperte noch einmal an dem verletzten Genin und war es dann zufrieden, nun waren wir alle wach und er legte seinen schweren Kopf auf den Boden. Akira sah, verständlicherweise, immer noch wie durch den Fleischwolf gedreht aus, doch er sprach und bewegte sich, das war ein Fortschritt. Ich drehte nun auch den Rest meines Körpers um zu den anderen zurück zu gehen und mich vor Akira hinzuknien. Sobald du dich bereit fühlst bewegt zu werden müssen wir versuchen zum Chunin-Turm zu kommen, es sollte von hier aus nicht mehr weit sein.

Rain kniete sich neben mich nieder, ich lächelte sie dankbar an, während ich kurz an meiner Antwort herumüberlegte. Ich wollte kein großes Drama daraus machen, aber ich wusste zugleich auch, dass ich die letzten Meter unserer Reise keine große Hilfe sein würde, selbst mit der Armschlinge jetzt. Besser, schätze ich., sagte ich trotzdem und sah dann zu Silvester, etwas erstaunt, der sich auch vor mich kniete. Es schien nicht mehr weit zu sein, dass war schon einmal eine beruhigende Aussage, denn ich wollte ihnen nicht zu lange ein Klotz am Bein sein. Meine Chakrareserven waren einfach zu geschwächt, um viel dagegen machen zu können, da half mir auch meine Chakrakontrolle nur begrenzt. Ihr seid mir nicht böse, oder?, fragte ich schließlich unsicher, beinahe hätte ich gar nicht nachgefragt, aber ich wusste lieber die Wahrheit als es zu ignorieren. Ich hatte nicht damit gerechnet, durch meine Aktion so schwer verletzt zu werden, Riku hatte einen Plan gehabt, einen sehr genauen Plan, das merkte ich erst jetzt. Was wohl mit ihm passiert war? Ich hatte es nicht mehr wirklich mitbekommen.

Böse sein? Ich sah Akira irritiert an, denn mir kam diese Frage so abwegig vor, dass ich Mühe hatte überhaupt ihren Inhalt zu verstehen. Du hast mir das Leben gerettet, wenn jemand Scheiße gebaut hat, dann ich. Ich war deshalb auch schon entsprechend wütend auf mich, doch es gab jetzt wichtigeres als schlechte Gewissen, wir mussten uns weiter bewegen, sobald wir diese Prüfung abgeschlossen hatten konnte sich jemand Professionelles um Akira kümmern. Ohne Zweifel konnte er das auch alleine gut, doch soweit ich das sah würde es noch mehr Behandlung brauchen als zu was er gerade fähig war.

Erleichtert lächelte ich Rain und Silvester an, aber es war doch ein etwas reuevolles Lächeln, da ich an die Regeln der Iryōnin dachte, welche mir Sensei Mirai vor kurzem beigebracht hatte. Noch mochte ich keiner sein, aber es war schwierig mich deswegen nicht doch ein wenig schlecht zu fühlen. Ich konnte Silvester verstehen, im Gegensatz zu meiner Schwester war ich auch nie besonders gut in Genjutsu gewesen. Jeder hatte seine Schwächen und manchmal wurde man von ihnen erwischt. Ich habe beinahe eine der vier Regeln der Iryōnin gebrochen., erklärte ich den beiden, Regel Nummer drei: Ein Iryōnin sollte in einem Team stets als letztes sterben. Ich soll eigentlich üben sie einzuhalten. Ich sah zu Silvester. Aber ich konnte einfach nicht zusehen, wie dir etwas passiert, nicht, wenn es dir so wichtig ist, Chunin zu werden. Ich senkte meinen Kopf wieder und nickte dann, ich war bereit, wir konnten dann langsam aufbrechen, es war zum Glück nicht mehr weit. Ich denke ich kann aufstehen, wenn mir jemand hilft.